„Wildwuchs“ der Werbeanlangen Einhalt gebieten

21. Januar 2016

„Wildwuchs“ der Werbeanlangen im öffentlichen Raum Einhalt gebieten

Werbeanlagen prägen an verschiedenen Stellen der Stadt das Bild, besonders an vielbefahrenen Straßen. Wiederholt brachten Bürgerinnen und Bürger ihren Unmut über das wachsende Vorkommen verschiedener, größer werdender Werbetafeln bei der Wählergemeinschaft „Gemeinsam für Karlsruhe“ (GfK) zum Ausdruck. „Vor allem im Norden der Stadt und am Ostring/Gerwigstraße wurde die hohe Dichte der verschiedenen Werbeanlagen verschiedenster Größe beanstandet“, erklärt Stadtrat Friedemann Kalmbach, „es entsteht der Eindruck einer ‚Verwilderung‘ von Werbung an den Straßen, die unserem Stadtbild nicht unbedingt gut tun.“

In der Innenstadt ist schon seit längerem allgemein bekannt, dass die Situation der Beschilderung durch Werbeanlagen in der Kaiserstraße dicht und unübersichtlich ist. Aus sicherer Quelle wissen die Stadträte Friedemann Kalmbach und Eduardo Mossuto, dass die Stadt plant, weitere große Werbeflächen der Firma Wall zu genehmigen. GfK fordert von der Verwaltung Kriterien für die Wahl der Standorte, die Dichte und Größe der Werbeflächen zu überdenken, damit vor allem in der Innenstadt bei der Neugestaltung nicht die Werbetafeln das Stadtbild dominieren, sondern kreative Ideen Platz erhalten. „Uns ist bewusst, dass verwaltungsintern bereits an einer neuen Konzeption gearbeitet wird“, fügt Stadtrat Eduardo Mossuto hinzu. Trotzdem möchte GfK in einer Anfrage an die Stadtverwaltung wissen, in welchem zeitlichen Rahmen die neue Konzeption vorgelegt wird und welche Bedeutung eine Neukonzeption auch für die Innenstadtgestaltung mit sich bringt. „Unseres Erachtens wirkt diese Masse an Schildern minderwertig und beeinträchtig die Qualität unserer Innenstadt“, so Kalmbach.

Deutlich „aufgeräumter“ und übersichtlicher wirke zum Beispiel die Innenstadt von Speyer, in der alle Ladenschilder nur direkt an die Häuserfront angebracht werden und nicht abstehend. Dieses Städtebild ist angenehmer und ruhiger als das der Werbetafeln in der Karlsruher Fußgängerzone.


Die beiden Stadträte der GfK Wählergemeinschaft stellten zu dem Thema Werbeanlagen Ende November eine Anfrage an die Stadtverwaltung um sich einen Überblick zu verschaffen. Die Antworten der Verwaltung können Sie an dieser Stelle lesen:

GfK: 1.Welche Kriterien wurden für Werbeanlagen im öffentlichen Raum von der Verwaltung definiert?

Stadtverwaltung: Welche Kriterien einschlägig sind, hängt im Wesentlichen von zwei Aspekten ab: Art des Werbeträgers und Standort des Werbeträgers.

a) Werbeträger als bauliche Anlage im öffentlichen Raum (öffentlich-rechtliche Widmung)

Befindet sich eine Werbeanlage im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes (§ 30 Baugesetzbuch, BauGB), so richten sich die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden Anforderungen vorrangig nach den Festsetzungen des Bebauungsplanes für das jeweilige Plangebiet. Die zwischenzeitlich weit über achthundert Bebauungspläne der Stadt Karlsruhe treffen zu Werbeanlagen unterschiedliche Regelungen, je nach städtebaulicher Zielsetzung und abhängig vom Entstehungsdatum. Im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) und Außenbereich (§ 35 BauGB) sind die jeweils geltenden Anforderungen zu berücksichtigen. Darüber hinaus sind straßenrechtliche (§ 16 Straßengesetz, StrG), straßenverkehrsrechtliche (§ 33 Straßenverkehrsordnung),  denkmalschutzsrechtliche (zum Beispiel § 19 Denkmalschutzgesetz) und weitere öffentlich-rechtliche Vorschriften zu beachten. Nach § 11 Landesbauordnung (LBO) dürfen Werbeanlagen nicht verunstaltend wirken (z.B. in Hinblick auf Größe und Farbe). Der Anwendungsbereich in der Praxis zum Verunstaltungsgebot ist jedoch gering. Die zuvor genannten Anforderungen gelten auch in Fällen des § 2 Absatz 9 Satz 2 LBO (keine Werbeanlagen im Sinne der LBO) sowie für verfahrensfreie Vorhaben nach Ziffer 9 Anhang zu § 50 Absatz 1 LBO. In diesen Fällen ist grundsätzlich eine Sondernutzungserlaubnis nach § 16 StrG beim Ordnungs- und Bürgeramt zu beantragen. Zu beachten sind weiter der „Vertrag über die Aufstellung und Nutzung von Werbesäulen/City-Light-Boards sowie die Aufstellung, Instandhaltung und den Betrieb von Toilettenanlagen in der Stadt Karlsruhe“ und weitere Verträge mit JCDecaux. Diese Verträge übertragen der Firma JCDecaux exklusiv das Recht auf öffentlichen Flächen im Stadtgebiet (insbesondere Straßen, Wege, und Plätze) zu werben. Im Vertrag sind für verschiedene Werbeträger von JCDecaux (Werbesäulen, City-Light-Boards, Toilettenanlagen, Stadtinformationsanlagen) die bauliche Ausführung und Standorte der Werbeträger geregelt. Vom exklusiven Werberecht der Firma sind jedoch bestimmte Werbeträger ausgenommen, u.a. für Uhrenleuchtsäulen, Fahnenbastionen, Einrichtungen der städtischen Verkehrsbetriebe, Hinweisschilder im Kleinformat bis 0,5 m2, Bauzäune, nicht fest installierte Werbeträger (zum Beispiel Dreieckständer) sowie Wahlwerbung für Parteien. Veranstaltungswerbung auf Großflächenwerbetafeln (sogenannte Wesselmänner) an bestimmten Stadteingangssituationen in bestimmten Umfang wird von JCDecaux toleriert und vom Bauordnungsamt entsprechend genehmigt.

b) Werbeträger im öffentlichen Raum, die keine baulichen Anlagen sind (weder im bauplanungsnoch im bauordnungsrechtlichen Sinn)

Nach der Karlsruher „Polizeiverordnung über Verbot des unbefugten Plakatierens und Beschriftens“ dürfen Plakate, die keine Werbeanlagen im Sinne des § 2 Absatz 9 LBO sind, auf und an öffentlichen Straßen und öffentlichen Anlagen grundsätzlich nicht angebracht werden. Unter diese Regelung fallen insbesondere die Dreieckständer sowie Bannerwerbung an Brücken. Das städtische Bauordnungsamt kann Ausnahmen zulassen, wenn das öffentliche Wohl nicht entgegensteht. Die Erteilung einer Ausnahme steht im Ermessen des Bauordnungsamtes. Ein Beschluss  des Hauptausschusses vom 30. April 1982 und eine Anweisung des Dezernats 1 vom 15. August 2001 geben den Rahmen für die behördliche Ermessensausübung vor. Darin geregelt sind:

  • Anzahl der Plakatständer (maximal 300 bis zu dreiseitige Plakatständer im Stadtgebiet)
  • Art der Werbung (nur Veranstaltungswerbung)
  • Beschaffenheit der Ständer (nur metallische Trägeranlagen um Pfähle oder Pfosten herum)
  • Genehmigungsdauer (maximal zwei Wochen vor Veranstaltungsbeginn)
  • Standorte (stadtintern abgestimmt, um eine gleichmäßige und flächendeckende Verteilung über das gesamte Stadtgebiet zu gewährleisten, insbesondere auf begehrten Plätzen ist die Anzahl der Plakatständer auf 10-15 pro Platz beschränkt, Durlacher Tor, Bahnhofsplatz, Gutenbergplatz, Gottesauer Platz, Stephansplatz, Mendelssohnplatz, Ettlinger Tor, Karlstor und Mühlburger Tor, auf den übrigen Plätzen sollen nicht mehr als 5-10 Plakatständer gleichzeitig zugelassen werden)
  • Ausschluss von Standorten (Fußgängerzonen, Vorplätze von Friedhöfen, Vorplätze von Kirchen, Grünanlagen, soweit es nicht um Straßenbegleitgrün handelt, Spielplätze so wie Schlossplatz, Theaterplatz und Hans-Thoma-Straße)
  • Sonderlösungen für die Frühjahrs- und Herbstmess, den Christkindlesmarkt, die Kirchweihfeste, das Frühlingsfest des Schaustellerverbands sowie Zirkusgastspiele
  • Abräumen der Plakatständer (erfolgt gegebenenfalls kostenpflichtig durch das Amt für Abfallwirtschaft).

GfK: 2.Verwaltungsintern wird ein neues Konzept zur Low-level-Plakatierung erstellt, gibt es einen zeitlichen Rahmen?

Stadtverwaltung: Die Grundzüge für ein neues Konzept zur Low-level-Plakatierung (Dreiecksständer) wurden erarbeitet mit dem Ziel, Bauart und Standorte dieser Dreiecksständer festzulegen. Die Dreiecksständer sollten von der Stadt erworben und aufgestellt werden und lediglich noch Nutzungsrechte an Werbefirmen weitergegeben werden. Somit wäre es möglich, sämtliche ungenehmigte Werbeanlagen in diesem Segment eindeutig zu identifizieren und regelmäßig zu entfernen. Da sich im Vorfeld einer Gremienberatung eine große Skepsis der Fraktionen abzeichnete, wurde das Thema im Sommer 2015 zurückgestellt und soll im Laufe des Jahres 2016 wieder aufgegriffen werden. Es existiert ein Beschluss des Hauptausschusses vom 30.04.1982, indem die Verwaltung aufgefordert wird, auch außerhalb der Wahlkampfzeiten das Aufstellen von Plakatständern zu Werbezwecken beschränkt auf nicht kommerzielle Zwecke im gesamten Stadtgebiet mit Ausnahme der Fußgängerzonen zuzulassen. Diese wird ergänzt durch eine Anweisung des Dezernates 1 aus dem Jahr 2001, indem die Anzahl der Plakatständer im Stadtgebiet auf 300 Stück begrenzt werden soll. In der Zwischenzeit sind eine unbekannte Anzahl von Plakatständern zusätzlich aufgestellt worden.

GfK: 3.Sieht die Verwaltung eine Konzeption für Werbeanlagen in der Innenstadt vor?

Stadtverwaltung: Neuere Bebauungspläne enthalten gestaltverträgliche Regelungen für Werbeanlagen. Auch im Rahmen des im Verfahren befindlichen Bebauungsplanes „Kaiserstraße Südseite“ werden entsprechende Regelungen berücksichtigt. Eine Gestaltungssatzung für Werbeanlagen für die gesamte Kaiserstraße bzw. die gesamte Innenstadt ist sehr erstrebenswert. Bisher sind sämtliche entsprechende Initiativen an den unterschiedlichen Interessenlagen der zu beteiligenden Akteure gescheitert.

GfK: 4.Welche städtebaulichen Prämissen liegen der Verwaltung als Entscheidungsgrundlage für beantragte Werbeanlagen vor?

Stadtverwaltung: Die Vorgaben für die Entscheidung über Werbeanträge sind unter Punkt 1 dargestellt

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