Video sowie Fragen & Antworten zur Zukunft Gasheizung jetzt online!

24. April 2024

In einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion mit Experten aus verschiedenen Bereichen der Energieversorgung, wurden wichtige Fragen zur zukünftigen Rolle der Gasheizung und zum Potenzial von Wasserstoff als alternative Energiequelle erörtert. Die Diskussion, die unter dem Titel „Zukunft Gasheizung: Auslaufmodell oder klimafreundliche Option?“ stattfand, adressierte zahlreiche zentrale Aspekte in Bezug auf Energieinfrastrukturen und -versorgung. Die Teilnehmer der Diskussion umfassten namhafte Persönlichkeiten, darunter Wolfgang Köppel, Andreas Schick und Prof. Dr. Karsten Pinkwart. Die Aufnahme des Gesprächs haben wir auf YouTube zur Verfügung gestellt.

Die breite Expertise der Gäste spiegelte sich in den vielfältigen diskutierten Themen wider, von der Bedeutung von Wasserstoff und der Energieeffizienz bis hin zur Zukunft der Gasheizung in einem sich wandelnden Energiesystem. Besonders relevante Themen, die diskutiert wurden, waren die Kostenprognose für die Einführung von Wasserstoff und der Ausbau der Strom- und Wasserstoffnetze. Weitere Schwerpunkte lagen auf der Bedeutung von Energieimporten, der Notwendigkeit von Infrastrukturverbesserungen und der Flexibilität im Energiesystem.

Fragen & Antworten

Die Diskussion endete mit offenen Fragen aus dem Publikum, die von den Teilnehmern kurz beantwortet wurden. Auf Grund der Zeit konnten wir nicht auf alle Fragen eingehen, die offenen Fragen haben wir deshalb aufgegriffen und versucht umfänglich zu beantworten. Die Diskussion und die nachfolgende Veröffentlichung der Antworten auf die offenen Fragen tragen dazu bei, relevante Themen und Herausforderungen im Bereich der Energieversorgung sowie mögliche Wege zur Bewältigung dieser Herausforderungen einem breiteren Publikum näherzubringen. Die Fragen sind aus dem Publikum.

Ist die Beibehaltung von Gasheizungen sinnvoll?

Um das sehr ambitionierte Ziel einer Klimaneutralität bis 2040 in Karlsruhe erreichen zu können, führt aus unserer Sicht kein Weg daran vorbei, alle verfügbaren Lösungen und vor allem die bereits bestehende Gasnetzinfrastruktur weitestgehend zu nutzen. Ein genereller Weiterbetrieb von Erdgasheizungen bzw. deren Transformation auf Wasserstoffnutzung ist dann nicht sinnvoll, wenn andere Lösungen wie entweder ein Fern-/Nahwärmeanschluss machbar oder im Rahmen einer umfangreichen Gebäudegrundsanierung ein Umstieg auf eine Wärmepumpe wirtschaftlich möglich ist. In den verbleibenden 15 Jahren bis zum Jahr 2040 ist es jedoch völlig unrealistisch, dass ein flächendeckender Fernwärmeausbau einerseits machbar, andererseits sämtliche der Gebäude im Altbestand mit Erdgas- oder Ölheizungen, die nicht an die Fernwärme angeschlossen werden, bis dahin von Grund auf saniert werden können. Um dennoch das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen, wäre die Umstellung und der Einsatz von grünem Wasserstoff die Lösung für Gasheizungen. Perspektivisch sehen wir im Rahmen einer kontinuierlichen Erneuerung des Gebäudealtbestands mit einer realistischen Erneuerungsrate von 1% aber auch in 50 – 60 Jahren ein mögliches Ende, dann möglicherweise aber auch für die Fern-/Nahwärme mit einem Übergang auf Wärmepumpen.

Die Verwaltung (Stadt) Karlsruhe sagt, die vorhandenen Leitungen sind nicht für Wasserstoff nutzbar, ist das Ihrer Meinung nach so?

Entgegen der Aussage der Stadtverwaltung Karlsruhe sehen wir die vorhandene Gasnetzinfrastruktur in Karlsruhe zu mindestens 95% H2Ready, was durch die Ergebnisse des Forschungsprojektes TrafoHyVe welches u.a. durch das Engler-Bunte-Institut am KIT Karlsruhe als auch durch die Stadtwerke Karlsruhe selbst begleitet wurde, bestätigt wird.

Ist Deutschland bereit Wasserstoff selbst herzustellen ohne dass wir wieder vom Ausland abhängig zu sein?

Es wird grundsätzlich niemals möglich sein, dass Deutschland in der Lage ist, seinen eigenen großen Energiebedarf völlig autark zu erzeugen. Dies galt in der Vergangenheit weder für Treibstoffe, Erdgas oder Kohle für die Strom- und Wärmegewinnung, und wird auch in der Zukunft weder für den Strom- noch für den Wasserstoffbedarf gelten. Das Ziel muss sein, die jeweiligen Bezugsquellen zu diversifizieren um mögliche Ausfälle – ob erzeugungs- oder geopolitisch bedingt – und deren Auswirkungen zu minimieren.

Macht das Gebäudeenergiegesetz (GEG) den Gasmarkt nicht kaputt, sofern keine H2-Ausbaugebiete festgesetzt werden?

So sehen wir dies auch. In den im GEG aufgeführten Regelungen– unter anderem im §71k GEG – werden zwar Übergangsfristen für eine Heizungsanlage, die sowohl Gas als auch Wasserstoff verbrennen kann, beschrieben aber, diese Option stellt sich für den privaten Heizungsanlagenbetreiber erst gar nicht, sollte es nicht bis zum Ablauf des 30. Juni 2028 einen einvernehmlichen, mit Zwischenzielen versehenen, verbindlichen Fahrplan für eine bis zum Ablauf des 31. Dezember 2044 zu vollende Umstellung des Erdgasnetzes auf Wasserstoff geben. Sprich, wird bis Juni 2028 im Energie-/Wärmeleitplan der Stadt Karlsruhe kein Wasserstoffnetzausbaugebiet ausgewiesen, bedeutet dies definitiv das Ende jeder Erdgasheizung ohne die Chance auf eine Umstellung auf Wasserstoff.

Wird mit einer baldigen Änderung des GEG gerechnet?

Das können wir schwer beurteilen. Dies hängt im Wesentlichen von der bundesparteipolitischen Situation/Konstellation bzw. einer eventuellen Neubewertung sowohl der wirtschaftlichen als auch realistischen Rahmenbedingungen mit ggf. einer daraus abgeleiteten Anpassung der gesetzlichen Lage.

Wenn die Häfen Einfuhrschneise für H2 ist und China sich weiter in den Häfen einkauft: Wie kann man sich als Europa da schützen?

Auch wenn ein Weg für den Import von H2 nach Deutschland aus Ländern wie bspw. Namibia, Australien oder Saudi-Arabien (Projekt NEOM) per Schiff in Form von Ammoniak bspw. grundsätzlich möglich ist, stellt der leitungsgebundene Import über Rohrleitungen aus bspw. Spanien, Norwegen oder von Griechenland kommend, die interessantere Alternative. Wie unter Punkt 3 beschrieben sollte man die H2-Bezugsquellen – neben der Förderung der eigenen H2-Produktion aus temporärem Überschussstrom – möglichst auf mehrere Lieferanten und Quellen diversifizieren.

Warum wird seitens der Bundesregierung (v.a. Grüne) die Wärmepumpe favorisiert, wenn Wasserstoff durchaus eine gute Alternative wäre? Und damit auf elektr. Heizen gesetzt?

Grundsätzlich ist das Heizen mit Strom und damit die direkte Verwertung von Strom aus Erneuerbaren Energien ohne zusätzliche Umwandlungsverluste (z.B. Elektrolyse für die Herstellung von H2) und bei einer Jahresleistungszahl einer Wärmepumpe größer 3 die beste Heizlösung mit den geringsten Energieverlusten. Für den Neubau von Ein- und Mehrfamilienhäusern empfehlen wir daher auch i.d.R. die Nutzung von Wärmepumpen. Was in Bezug bspw. auf unseren Gebäudealtbestand außer Acht gelassen wird, ist jedoch der hohe energetische Sanierungsbedarf der durch viele Menschen, besonders solche im fortgeschrittenen Alter, nicht finanzierbar ist. Für sehr bedenklich halten wir auch das Errichten von Luft-Wasser-Wärmepumpen in einer hochverdichteten Reihenhaussiedlung, wo es insbesondere in kalten Nächten zu nicht akzeptablen Lärmbelästigungen kommen kann. Auch das zeitliche Missverhältnis zwischen der regenerativen Solarenergieerzeugung mit Überschussmengen in sonnenreichen Perioden und dem eigentlichen Wärmebedarf in kalten Wintermonaten mit Dunkelflauten führt letztendlich dazu, dass wir für diesen saisonalen Ausgleich Überschussenergie in Molekülen wie Wasserstoff zwischenspeichern müssen, um diesen dann in den Wintermonaten wieder stofflich in Form von Wärmenergie, gerne auch in BHKWs oder Brennstoffzellen in Kraft-Wärmekopplung, wieder zu verwerten.

Kann man die Flüchtigkeit von Wasserstoff durch Andocken an ein anderes Molekül (was sich eignet?) beheben?

Hierzu haben sich bereits Prof. Pinkwart bzw. Wolfgang Köppel im Rahmen der Diskussionsrunde geäußert und haben dies bejaht.

Tiefengeothermie ausbaubar? Die spielt im Karlsruher Plan eine Hauptrolle!

Tiefengeothermie kann aufgrund der guten geologischen Bedingungen eine weitere Lösung bzw. Wärmequelle für das Gesamtkonzept der Wärmeversorgung in Karlsruhe sein. Dann aber vergleichbar wie die Wärmeauskopplung aus der Miro oder der Papierfabrik Maxau zur Deckung der über das Jahr benötigten Grundlast. Tiefengeothermie könnte also ein Ersatz für möglicherweise wegbrechende Wärmeeinspeisungen sein. Die vor allem in den Wintermonaten benötigte Mittel- und insbesondere Spitzenlast wird man mit Geothermie aufgrund der geringen Nutzungsdauern nicht wirtschaftlich abdecken können und benötigt hierfür flexible Erzeugung bspw. aus einer H2-betriebenen KWK-Anlage.

Was kostet aktuell
                        1 kWh – Strom                                                                              
                        1 kWh Gas
                        1 kWh Fernwärme
                        1 kWh Wärmepumpenstrom?

Dies hängt sehr stark von den jeweiligen Bezugsmengen ab und sollte sich auf die Endkundenpreise beziehen.
Für einen relativen Vergleich haben wir die aktuellen jeweiligen Preise aus dem Grundversorgungstarif der Stadtwerke für Privatkunden herangezogen:
 
1 kWh Strom                                 43,89 ct/kWh, 16,18 €/Monat (Grundpreis)
1 kWh Gas                                        13,34 ct/kWh, 16,07 €/Monat (Grundpreis)
1 kWh Fernwärme                         11,88 ct/kWh, 18,61 €/Monat (Grundpreis)
1 kWh Wärmepumpenstrom      35,98 ct/kWh, 7,40 € /Monat (Grundpreis)
                        (Besser Versorgt Wärmepumpenstrom, Sonderangebot)
Quelle Stadtwerke Karlsruhe, Stand: 20.04.2024 (ohne Gewähr)

Wie viel Prozent Wärmeverlust hat die Fernwärme (z.B. pro km)?

Gemäß einer Information der Stadtwerke Karlsruhe gehen beim Transport der Fernwärme rund 10% der erzeugten Wärmeenergie verloren.

Können wir uns leisten, alle Heizungsvarianten (Wärme/Strom/Gas) parallel zu betreiben?

In Bezug auf eine leitungsgebundene Wärmeversorgung mit Fernwärme oder Wasserstoff/Erdgas, wird es sich nicht vermeiden lassen, dass auch ein Heizen mit Strom grundsätzlich immer möglich ist. Der Parallelbetrieb von Fern-/Nahwärmesysteme mit H2/Gasleitungen sollte aus wirtschaftlichen Gründen vermieden werden. Auf lange Sicht hin gehen wir davon aus, dass sich durch die schrittweise Erneuerung des gesamten Gebäudebestandes das Heizen bis Strom irgendwann einmal durchsetzen wird.

Wie können wir Bürger den Energieleitplan beeinflussen. Außer FÜR Karlsruhe zu wählen?

Wir empfehlen dieses Thema immer wieder über die bekannten Vertreter im Gemeinderat oder Ortsräte an die Politik zu adressieren und sich nicht mit einfachen ablehnenden Antworten dieses Thema im Energieleitplan weiter zu verfolgen zufrieden zu geben.

Ist zu erwarten, dass die H2 – relevanten DIN-Normen bald herauskommen?

Der DVGW ist in der Erarbeitung entsprechender Regelwerke und wird diese nach und nach veröffentlichen.

Da bei Produktion (für H2O) hoher Energieaufwand,
– vorwiegend Import
– im Inland mit Überschuss („nicht lesbar“, Strom?)

Stromüberschussmengen aus der regenerativen Erzeugung können zur Vermeidung von Abschaltungen zur Produktion von Wasserstoff genutzt werden. Vor dem Hintergrund der Vermeidung bzw. Reduzierung des flächendeckenden Ausbaus des Übertragungsnetzes wäre die Produktion von Wasserstoff an den Standorten der großen Windparks oder Photovoltaik-Freiflächenanlagen zu bevorzugen. Da Deutschland jedoch nicht dazu in der Lage ist, seinen eigenen Energie-/Wärmebedarf zu 100% zu jeder Viertelstunde des Jahres abzudecken, werden zusätzliche Importmengen über ein Europäisches Verbundnetz bzw. den sogenannten Wasserstoffbackbone benötigt.

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