Prostitution in Karlsruhe

18. März 2014

Begründung

Im Bundestag wurde das so genannte Prostitutionsgesetz vorsichtig überarbeitet. Auslöser für die Debatte war die EU-Richtlinie zu diesem Thema und vor allem auch die Vorwürfe gegenüber Deutschland durch die EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström. In Deutschland nimmt der Menschenhandel zu, laut Christian Zahel, Leiter Organisierte Kriminalität im Landeskriminalamt Niedersachsen werden 9 von 10 Huren zur Prostitution gezwungen, die meisten Opfer sind jünger als 21, manche sogar jünger als 13. Opfer von Menschenhandel erleben unmenschliche Bedingungen.

Sie werden eingesperrt und können über die sexuellen Dienstleistungen, zu den sie täglich gezwungen werden, nicht selbst bestimmen. Wenn sie fliehen können, gehen sie nicht zur Polizei, weil sie oft illegal in Deutschland sind, kein Deutsch sprechen und von ihren Zuhältern bedroht und traumatisiert wurden. Es gibt noch viele andere Aspekte, diese aufzuführen hier den Rahmen sprengen würde.

Auch hier in Karlsruhe findet seit einiger Zeit das schon lange bekannte Problem einer zunehmenden und unkontrollierten Prostitution –z.T. auch im Kontext von Zwangsprostitution und Menschenhandel –verstärkt das Interesse der lokalen und regionalen Medien. So hat sich nach Aussagen der BNN die Zahl der gemeldeten Prostituierten seit 2012 von 350 auf 700 erhöht. Wie die Medien berichten, ist Karlsruhe auch im Umland inzwischen bekannt für dieses Gewerbe und zieht Freier auch von außerhalb an. Dies ist für den guten Ruf unserer Stadt nicht gerade förderlich.

GfK möchte sichergestellt haben, dass besonders Frauen vor Zwangsprostitution geschützt werden und die Möglichkeit haben, sich ggfs. aus solchen Verhältnissen zu befreien. Des Weiteren steht GfK für die Ausweitung der Sperrbezirke besonders auch zum Schutze der Kinder und Jugendlichen (s. Durlach).

Fragen und Antworten

1. Inwieweit ist die Stadt über das Rotlichtmilieu informiert? Wie viele Frauen betreiben dieses Gewerbe in Wohnungen, auf der Straße und in Etablissements? Wie wird seitens der Verwaltung der Begriff „Prostitutionsstätte“ definiert? Wird auch die Wohnungsprostitu-tion schon als Gewerbe erfasst? Und wie bewertet die Verwaltung die Entwicklung der rasanten Zunahme der Prostituierten?

Antwort der Stadt: Informationen über das Rotlichtmilieu in Karlsruhe erhält die Stadtverwaltung insbesondere im Austausch mit der AG Rotlicht des Polizeipräsidiums Karlsruhe. In den letzten Monaten ist auch der Kommunale Ordnungsdienst regelmäßig mit dem Thema „Straßenprostitution“ befasst und achtet auf die Entwicklung sowie mögliche Verlagerungen und besondere Ereignisse in der Szene.

Nach Mitteilung der AG Rotlicht existieren in Karlsruhe derzeit

  • 62 Terminwohnungen
  • 9 Laufhäuser
  • 3 FKK-/Sauna-Clubs
  • 9 Massagestudios
  • 4 SM-Studios
  • 2 Wohnwagen

in denen der Prostitution nachgegangen wird.

Darüber hinaus sind aktuell sieben Standorte bekannt, an denen der Straßenprostitution nach-gegangen wird.
Baurechtlich wurden in den letzten sechs Jahren fünf Anträge auf Einrichtung eines Bordells genehmigt.

Nach Mitteilung der AG Rotlicht wurden im Jahr 2013 insgesamt 1 257 Personenkontrollen im Rotlichtmilieu durchgeführt. Dabei wurden ca. 900 verschiedene Prostituierte festgestellt. Davon waren 88 Prostituierte auf dem Straßenstrich tätig, 812 Prostituierte in den unterschiedlichen Prostitutionsstätten.

Wie viele Frauen zeitgleich in Karlsruhe der Prostitution nachgehen, lässt sich lediglich schät-zen. Die Beamten der AG Rotlicht gehen derzeit von einer Anzahl von etwa 250 bis 300 Prosti-tuierten aus. Davon gehen auf dem Straßenstrich etwa 20 – 25 Frauen der Prostitution nach, wobei deren Anzahl witterungsabhängigen Schwankungen unterliegt.

Im Vergleich dazu wurde im März 2013 anlässlich einer Präsentation im Sozialausschuss sei-tens des Polizeipräsidiums Karlsruhe die geschätzte Zahl von 260 zeitgleich tätigen Prostituier-ten genannt. Eine „rasante“ Zunahme der Prostitution in Karlsruhe lässt sich statistisch nicht be-stätigen. Angenommen werden kann eher eine Zunahme der Frauen, die nur eine beschränkte Zeit als Prostituierte in Karlsruhe tätig sind.

Als „Prostitutionsstätte“ können Räumlichkeiten bezeichnet werden, in denen von Prostituierten sexuelle Dienstleistungen gegen Entgelt erbracht werden.
Rechtlich ist es derzeit nicht möglich, Prostitution als Gewerbe bzw. gewerbliche Tätigkeit anzu-zeigen. Mögliche Regeländerungen werden derzeit jedoch auf bundespolitischer Ebene diskutiert.

2. Welche Möglichkeiten gibt es für Frauen in der Prostitution, sich in Notlagen an fachge-recht ausgebildete Mitarbeiter von Beratungsstellen zu wenden? Und welche Möglichkei-ten bietet die Stadt, Frauen den Ausstieg zu ermöglichen bzw. zu erleichtern und eine Zukunftsperspektive jenseits der Prostitution aufzubauen?

Antwort der Stadt: Frauen, die der Prostitution nachgehen, können sich an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter al-ler Karlsruher Beratungsstellen und des Sozialen Dienstes wenden. In Einzelfällen wurde der Ausstieg der betroffenen Frauen durch Unterbringungen in speziellen Einrichtungen außerhalb von Karlsruhe durch den Sozialen Dienst der Stadt unterstützt.
Die Notlagen sind sehr unterschiedlich und nicht immer sind Prostituierte auch als diese zu er-kennen. In der Praxis wird ein Zugangsproblem sehr deutlich: Vor allem in Fällen schwerer Gewalt – so die Erfahrung – finden die Frauen, wenn überhaupt, erst sehr spät Kontakt zu entspre-chenden Beratungsstellen.

Kontakte bestehen zu den einschlägigen Fachberatungsstellen für Prostituierte und für Opfer des Menschenhandels in anderen Städten, vor allem Baden-Württembergs. An diese wurde und wird bei Bedarf – insbesondere bei Gewaltsituationen und Ausstiegswünschen – weiter vermittelt.

3. Welche Kooperationen bestehen zwischen Mitarbeitern von Polizei, Ordnungsamt, Fach-beratungsstellen, Staatsanwaltschaft, Jobcenter und Finanzbehörde? In welchem Turnus und in welcher Vorgehensweise werden entsprechende Etablissements kontrolliert?

Antwort der Stadt: Zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft bzw. Polizei und Ordnungs- und Bürgeramt besteht eine enge Zusammenarbeit. Die AG Rotlicht unterhält zudem enge Kontakte zu Fachberatungs-stellen für Frauen in der Prostitution und betreibt einen regelmäßigen Informationsaustausch mit der Steuerfahndung.

Im Vernetzungskreis „Frauen in prekären Arbeits- und Gewaltverhältnissen“ erfolgt ein systema-tischer Austausch über die jeweiligen Handlungsmöglichkeiten und Hilfeangebote zwischen städtischen Stellen (Sozialer Dienst, Gleichstellungsbüro, Büro für Integration und Seniorenbü-ro), Landkreis (Gesundheitsamt und Gleichstellungsbeauftragte) sowie einschlägiger Bera-tungsstellen freier Träger in Karlsruhe, der auswärtigen Fachberatungsstellen des Diakonischen Werkes für Prostituierte (FREIJA, PINK) und weiterer Angebote wie Medinetz.

Konkrete Kooperationen finden im Wesentlichen anlass- und fallbezogen statt. Wenn Frauen mit den betreffenden Stellen in Kontakt kommen und um Hilfe bitten, nehmen diese ohne jede Zeitverzögerung miteinander Kontakt auf und prüfen die Möglichkeiten.
Sowohl die Stadt als auch alle genannten freien Fachstellen verfügen über gute Kontakte zu Po-lizei, Staatsanwaltschaft und Jobcenter, die bei Bedarf und je nach Rechtslage eingeschaltet werden. Die Zusammenarbeit ist gut.
Durch die Beamten der AG Rotlicht werden sämtliche Prostitutionsstätten und die Standorte des Straßenstrichs mehrfach pro Jahr kontrolliert. Diese Kontrollen werden nahezu täglich durchgeführt.

Darüber hinaus wird die baurechtliche Zulässigkeit von Wohnungen oder Betrieben, in denen der Prostitution nachgegangen wird, in Einzelfällen immer dort überprüft, wo Hinweise oder Be-schwerden aus der Nachbarschaft an die Stadtverwaltung übermittelt werden.

Die Kontrolltätigkeit des Kommunalen Ordnungsdienstes beschränkt sich auf die Örtlichkeiten des Straßenstrichs – allein im 2. Halbjahr 2013 waren dies rund 250 entsprechende Einsätze.

4. Wo sieht die Verwaltung die Notwendigkeit, sich noch intensiver mit diesem Thema zu befassen, um Missstände aufzudecken oder ihnen vorzubeugen?

Antwort der Stadt: Zum Thema Wohnungsprostitution ist innerhalb der Stadtverwaltung eine in den letzten Jahren gleichbleibend geringe Beschwerdelage zu verzeichnen. Vor allem das Beschwerdeaufkommen zum Thema Straßenprostitution hat jedoch in den vergangenen Monaten erheblich zugenom-men. Insbesondere die Begleitumstände wie Vermüllung, subjektiv empfundene oder tatsächli-che Belästigungen, Streitigkeiten innerhalb der Szene, aber auch das Erscheinungsbild der Prostituierten führen immer wieder und verständlicherweise bei der Bevölkerung auf Unver-ständnis. Hier werden sich die innerhalb der Stadtverwaltung zuständigen Fachämter mehr als bisher auf gemeinsame Maßnahmen verständigen müssen. Auch die enge Zusammenarbeit mit dem Polizeipräsidium Karlsruhe wird beizubehalten sein.

In der Arbeit des unter Ziffer 3 bereits genannten Vernetzungskreises wurde vor allem der Bedarf an aufsuchender Arbeit für das bessere und frühzeitigere Erreichen der Zielgruppe deutlich. Hierzu fehlen derzeit die Möglichkeiten.

5. Welche Unterstützung bietet die Stadt für gemeinnützige Organisationen an, die sich auf die Begleitung und Beratung von Opfern von Menschenhandel spezialisiert haben (s. EU-Richtlinie)?

Antwort der Stadt: Auf Anfrage der o. g. Organisationen hilft die Stadt in Einzelfällen vor allem informell über die Vermittlung von Kontakten und Hinweisen – sofern ihr dies möglich ist. Anfragen an die Stadt bezogen sich beispielsweise auf sichere Unterbringungsmöglichkeiten in Karlsruhe. Eine direkte finanzielle Unterstützung erfolgt nicht.

6. In welchen Gebieten der Stadt hält es die Verwaltung für nötig, die Sperrbezirke auszuweiten?

Antwort der Stadt: Eine Änderung der aktuell geltenden Sperrbezirksregelung – die beim Regierungspräsidium Karlsruhe beantragt werden müsste – wurde bislang noch nicht abschließend diskutiert. Bevor eine solche Maßnahme ergriffen würde, müssten intensive Prüfungen und Abstimmungen zwi-schen den beteiligten Fachbehörden vorausgehen, um z. B. keine ungewollten Verdrängungsef-fekte hervorzurufen.

Unterzeichnet: Friedemann Kalmbach, Eduardo Mossuto


 

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