Die Inzidenzen sind niedrig, das Wetter ist gut, Lockerungen sind vermehrt eingetroffen und ein Ende weiterer Maßnahmen ist in Sicht. Auf einer Corona-Pressekonferenz des Oberbürgermeisters Dr. Frank Mentrup wurde jedoch gewarnt: Das Abwassermonitoring der Stadt – eine Art Frühwarnsystem, das das Abwasser der Stadt analysiert und damit noch vor den Inzidenzwerten, die sich aus Testungen ergeben, die Tendenz des Infektionsgeschehen der kommenden Tage prognostiziert.
Die Stadtverwaltung erhebt bereits Daten der Abwassermonitoring-Methode und greift darauf zurück. In der Öffentlichkeit wird dies jedoch kaum thematisiert, denn Abwassermonitoring ist kein öffentliches Instrument, an das die Corona-Politik ausgerichtet wird – hier zählen die Inzidenzen. Die Fraktion Freie Wähler und FÜR Karlsruhe hat schon früh in der Krise auf die Abwassermonitoring-Methode aufmerksam gemacht und hätte das Thema gerne in der Gemeinderatssitzung diskutiert, jedoch war die Mehrheit im Ausschuss nicht der Meinung, dass eine weitere Diskussion nötig sei. Stadtrat Friedemann Kalmbach sieht es anders: „Ich glaube, dass die Auseinandersetzung wichtig gewesen wäre. Vor allem, weil die Inzidenzen nicht mehr so viel Aussagekraft haben. Auch Mentrup verweist in seinen Pressekonferenzen immer wieder darauf, dass die Abwasserwerte die zukünftige Entwicklung der Inzidenzen anzeigen. Deshalb ist es unverständlich, dass dieses Instrument nicht für die breite Öffentlichkeit zur Verfügung steht.“
Gerade die Allgemeingültigkeit der Inzidenzen ist problematisch: „Das Festmachen der Corona-Maßnahmen an der Inzidenz ist schwierig – das zeigt sich an den aktuellen Zahlen: Umso mehr geimpft wird, umso weniger wird getestet, womit auch die Inzidenz sinkt. Gibt es an einem Ort in Karlsruhe viele Neuinfektionen, suggerieren die Inzidenzwerte ein breites Neuinfektionsgeschehen in der ganzen Stadt, was aber sehr ungenau ist. Die Abwasseranalyse ist da deutlich differenzierter und wäre ein adäquates Zusatzmittel, um das Infektionsgeschehen zu beobachten. Ein reines Festhalten an den Inzidenzen halten wir nicht mehr für angebracht.“, sagt Stadträtin Petra Lorenz und plädiert für eine Veröffentlichung der Abwasserwerte: „Transparent wäre es, wenn die Diskussion in den Gemeinderat käme und die Bevölkerung über das kommende Infektionsgeschehen Bescheid wüsste, um sich vorbereiten zu können. Wir benutzen die Methode ja schon. Nichts spricht dagegen, transparente Politik zu machen.“ Die Fraktion setzt sich weiterhin dafür ein, dass das Thema auf die Agenda kommt. Man wünscht sich einen öffentlichen Diskurs über die Veröffentlichung der Ergebnisse der Abwasseranalyse, die das zukünftige Infektionsgeschehen prognostizieren.