Haushaltsrede zum DHH 2013/14 am 05.02.2013

7. Februar 2013

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,

  1. 1. Finanzhaushalt von Stadt und städtischen Gesellschaften

Prof Götz Werner hat es beim IHK Jahresempfang in Bezug auf die Zukunftsfähigkeit auf den Punkt gebracht: „Wir müssen lernen, das Wesentliche vom Unwesentlichen zu unterscheiden“.

  • zum Kernhaushalt

Es ist wesentlich und erfreulich, dass die Haushaltsentwürfe 2013/14 den Mindestkriterien des neuen Haushaltsrechtes genügen und ein ausgeglichenes ordentliches Ergebnis erreichen. Wir können aber schon erkennen, dass es 2014 knapp wird. 99 Millionen Euro müssen voraussichtlich als Kredite aufgenommen werden. 2014 bauen wir auf jeden Fall wieder Schulden auf. Die letzten zehn Jahre ist es vorbildlich gelungen, die Kreditverbindlichkeiten zu reduzieren bis auf 143 Mio. Euro 2012.  Aber 2014 werden wir vermutlich schon wieder mit ca. 217 Millionen Euro Schulden den Stand von 2005 haben. Also ein Rückschritt von 9 Jahren.

Ich erinnere besonders daran, dass der kommende OB Mentrup in seinem Wahlprogramm eine schuldenfreie Stadt versprochen hat. Ich zitiere ihn: „Ich strebe innerhalb der kommenden acht Jahre einen schuldenfreien städtischen Haushalt an.“

Wenn wir nicht lernen, WICHTIG und WENIGER WICHTIG zu unterscheiden, werden wir in die Schuldenfalle laufen. Unsere Hausaufgaben sind: Prioritäten zu setzen, wo investieren wir und noch wichtiger: wo investieren wir nicht. GfK wird dazu immer Vorschläge machen.

  • die städtischen Gesellschaften

Die Verschuldung im Kernhaushalt ist gesunken, die der städtischen Gesellschaften aber mächtig gestiegen und sie tut das weiter. Die Verschuldung wird von 2012 bis 2014 um ca. 30 % steigen: in Zahlen um 276 Millionen Euro auf 1198 Millionen Euro.

Natürlich muss man Schulden auch im Vergleich zu anderen Kenngrößen sehen. Aber klar scheint, die Finanzkraft der Stadtwerke und anderer großer Player lässt nach. Für Verlust-Ausgleiche der VBK und KVV sind jährlich 9,6 Mio. Euro vorgesehen, für Messe, Kongresse, Tourismus und Stadtmarketing 19,2 und 2014 21,8. Die Belastung des städtischen Haushaltes durch die Gesellschaften wächst zunehmend und die Belastung durch die Kombilösung kommt erst noch.

Die Wirtschaftspläne der städt. Gesellschaften wurden von den Aufsichtsräten genehmigt, in denen viele Stadträtinnen und Stadträte sitzen. Mir stellen sich einige Fragen:

  • 1. Wurden die Investitionen auf ihre wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Finanzhaushalt geprüft?
    Beispiel Europabad: Hier wurde in eine neue Saunalandschaft investiert.  Trägt das dazu bei, dass die Umsätze steigen? Sprich: Hat diese Investition positive Auswirkung auf den Finanzhaushalt?
  • 2. Wurden, wie in städtischen Abteilungen, auch in den Gesellschaften Sparpotentiale konsequent gesucht und umgesetzt?
  • 3.  Sind die Aufsichtsräte tatsächlich in der Lage den Fachleuten im Gremium zu folgen und ggf. auch deren Pläne abzulehnen?
  • 4.  Sind sich die Aufsichtsräte bewusst, dass bei Steigung des Zinsniveaus um nur ein Prozent die Haushalte um mehr als 10 Mio. Euro belastet werden?

Nach der Gemeindeordnung haben die städtischen Gesellschaften in ihrer Gesamtheit einen Beitrag zum städtischen Haushalt zu erbringen und nicht anders herum.

GfK fordert die städtischen Gesellschaften auf, ihre Investitionen auf den Prüfstand zu legen. Was ist für die Zukunft von Karlsruhe jetzt wirklich wichtig und was  weniger, was kann noch warten?

1. 2. Kinderfreundliches Karlsruhe

Die neueste Umfrage der Stiftung für Zukunftsfragen besagt, bei der Kinderfreundlichkeit steht Deutschland am Ende der Rangliste. Dänemark ist Spitzenreiter.

85% der Deutschen sagen, Deutschland ist nicht kinderfreundlich. Nur 10% der  Dänen sagen das, 57 % der Griechen, 60 % der Franzosen

Gleichzeitig investiert kein anderes Land so viel in seine Familien wie Deutschland.

Was läuft in Dänemark besser:

Gewiss, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist höher, die Anzahl der Krippenplätze ist höher, Frauen stehen besser da. Daran müssen wir weiter arbeiten. Aber eines ist besonders markant: Die gesellschaftliche Anerkennung ist viel höher. Wer bei uns als Familie mit drei Kindern in der Öffentlichkeit erscheint, bekommt Mitleid und vielleicht eine Bemerkung: „Wie schaffen Sie das bloß, Sie Arme.“ Die Vorurteile gegenüber Familien in Deutschland sind groß. Hier freut sich höchstens jemand, weil Kinder gut für die Rente oder gegen den Fachkräftemangel sind. Kinder zu haben wird in Deutschland in Verbindung mit Problemen gebracht. Was fehlt, ist Wertschätzung und Achtung von Kindern und dankbar für sie zu sein

Ja, wir haben Nachholbedarf bei Kitaplätzen und Ganztagesschulen, bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ich sage nicht, dass wir unsere Unterstützung, unsere Programme bleiben lassen sollen. Aber ich sage: mit Geld allein können wir das Problem nicht lösen. Wir brauchen als Stadt, als Land eine neue Haltung zu Kindern – einen neuen Spirit.

Dieser Spirit findet sich in einer Willkommens-Kultur für Kinder und Familien und ist mit wenigen Worten ausgedrückt:

„Wir haben schon auf dich gewartet.“

Das war eine Idee des Tourismusbüros von Toronto. In riesigen Plakaten, in 47 Sprachen war in der ganzen Stadt zu lesen: „Wir haben schon auf dich gewartet.“

Wenn wir es schaffen, neben unseren anderen Bemühungen diesen Spirit zu etablieren, ganz speziell für Kinder und Familien, dann werden wir wieder jede Menge Kinder in unserer Stadt haben.

Mein Vorschlag: wir starten eine solche Kampagne in Karlsruhe und wir werden Botschafter dieses neuen Spirits.

„Wir haben schon auf dich gewartet“ Das färbt ab auf alle: Besucher, Arme, Reiche, Migranten und Studenten.

Können wir diesen Spirit mit noch mehr als nur dieser Aktion freisetzen? Damit sich das Klima ändert, müssen wir eine Imagekampagne starten, für die wir Mittel zur Verfügung stellen sollten.

  1. 3. Bürgerzentren und Stadtteile

Bürgerzentren: Ich setze mich für lebendige Bürgerzentren ein, Zentren mit vielfältigen Bildungs- und Freizeitangeboten. Sie sind wichtig für die Stadtteilidentität und das Miteinander. Ebenso kann man Startpunkt Familienzentren, Seniorentreffs, Kitas uvam. integrieren. Dies hat die Verwaltung positiv erkannt. Bei der Umsetzung aber klemmt es immer wieder.

  • Die  Knielinger Bevölkerung und deren Vereine wünschen sich seit langem ein Bürgerhaus. Das kam nicht zustande, weil die Volkswohnung einen für Vereine nicht machbaren Mietvertrag abschließen wollte. Die finanziellen Risiken waren für die Knielinger Vereine nicht machbar. So liegt das Projekt auf Eis, die Knielinger mit ihren vielen Vereinen stehen ohne Bürgerzentrum da.
  • In der Südstadt betreiben fünf Vereine als GmbH das Bürgerzentrum. Das Bürgerzentrum muss, um die hohen Gelder für die Erbpachtzahlung an die Stadt und die Kreditverbindlichkeiten bedienen zu können, viele externe Veranstaltungen annehmen und hohe Mieten verlangen. Die Miete ist für Südstadt Initiativen mittlerweile viel zu hoch. Der Bürgerverein musste sich selbst außerhalb Verwaltungsraume anmieten. Das Bürgerzentrum Südstadt ist in Wirklichkeit weit davon weg ein echtes Bürgerzentrum zu sein.
  • Der Bürgerverein Kirchfeld-Nord fühlt sich bei der Suche nach einem Begegnungszentrum im Stich gelassen.

Solche Zentren sind wichtig für den Zusammenhalt der Stadtgesellschaft. GfK setzt sich dafür ein, dass die Entwicklung der Zentren weit höher priorisiert wird. Die Zentren brauchen eine bessere finanzielle Ausstattung, damit Bürgervereine die finanziellen Lasten auch tragen können und sich auf die Aufgaben konzentrieren, um die es eigentlich geht. Dazu werde ich einen Antrag stellen.

  1. 4. Wohnraumschaffung

Karlsruhe wächst weiter, die Mietpreise steigen, bezahlbarer Wohnraum wird knapp. Die bisherigen Bemühungen greifen zu kurz, auch der Hinweis auf fehlende Bundes- oder Landesmittel bringt nicht weiter. Wir brauchen ein Bündel von Maßnahmen. Ich schlage vor, ein auf zehn Jahre gestrecktes Programm mit insgesamt 50 Mio. Euro aufzulegen.

  • Damit kann das von der SPD vorgeschlagene WohnraumakquisePLUS finanziert werden. Wir müssen Anreize schaffen, dass Eigentümer freien oder auch heruntergekommenen Wohnraum wieder nutzbar machen.
  • Ebenso kann davon ein kommunales Wohnbauprogramm angeschoben werden. Bei einer städtischen Subvention von 30 000 Euro pro Wohnung können damit preiswerte 1600 Wohnungen den Wohnungsmarkt entlasten.

1.  5. Kultur

Das besondere an der Karlsruher Kulturlandschaft ist ihre Vielfalt. Die Ausgaben 2013 liegen bei 35,6 Mio Euro. Davon entfallen etwa 50 % auf das Badische Staatstheater und 20 % auf das ZKM. Bleiben also noch ca. 30 % für Stadtmuseum und für die vielen anderen Museen und größeren und kleineren  Kultureinrichtungen.

GfK meint nach wie vor, dass 50 % des Kulturhaushaltes für das Badische Staatstheater gemessen an Größe und Besucherzahlen zu viel sind. Nicht nur Goethe hält es für das Theater gefährlich, wenn es in sorgloser Gewissheit leben kann, dass das, was im Laufe des Jahres an der Einnahme der Theater-Kasse gefehlt hat, am Ende aus irgendeiner anderen Quelle ersetzt wird.

Der Geschäftsführer des Festspielhauses in Baden Baden sagte jüngst auch bei der IHK Feier in der Stadthalle: Er sehe sich als ein Geschäftsmann und als Goldgräber, der in den Herzen vermögender Menschen gräbt. Ein Drittel des Haushaltes komme durch Spender.

  • Unser Staatstheater muss lernen, selber ein Teil der Kosten für Betrieb und Baumaßnahmen durch Fundraising zu akquirieren
  • Die Theaterpreise sind auf den teureren Plätzen viel zu niedrig und die  billigen Plätze sind günstiger als eine Kinokarte.
  • Das Theater muss kreative Ideen entwickeln, wie es die immensen Kosten senken kann.

Dies fordere ich, weil ich möchte, dass die Verteilung der Gelder gerechter und andere Institutionen damit besser gefördert werden können.

Noch eine Frage: warum wird nicht mit den Bürgern und auch nicht im Gemeinderat öffentlich diskutiert über die Pläne Generalsanierung und Neubau des Schauspielhauses? Kann es sein, dass nicht gewünscht ist, dass die immensen Summen bekannt werden? Diese Hinterzimmerpolitik gefällt mir nicht.

  1. 6. Zum Schluss

Zum letzten Haushaltsplan 2011/12 habe ich meine Zustimmung nicht gegeben. Mein Grund war, dass ich keine Bereitschaft zur Haushaltskonsolidierung im Gemeinderat erkennen konnte.

Einige Gemeinderäte sagten, dass es sowieso besser kommt als prognostiziert. Das hat tatsächlich gestimmt. Ich hatte unrecht! Es kam besser.

Ich werde diesem Haushaltsplan zustimmen, aber mit den GfK-Forderungen!

Wir können nicht einfach so weiter machen! Ohne klare Priorisierung, ohne klare Struktur, werden wir in Probleme kommen – besonders auch in den Gesellschaften. Ich möchte, dass der neue OB sein Ziel, die Haushaltsverschuldung auf NULL zu reduzieren, erreicht. Ich hoffe, dass Sie das auch wollen. Es kann nur gelingen, wenn wir lernen, das Wichtige vom weniger Wichtigem zu unterscheiden:

Klug haushalten und gezielt investieren!

 

Friedemann Kalmbach, Stadtrat „Gemeinsam für Karlsruhe“

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